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Sterblichkeit bei ADHS

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Wie zahlreiche Studien zeigen, ist ADHS mit vielfältigen Risikofaktoren assoziiert, welche die Unversehrtheit und die Gesundheit der Betroffenen gefährden, darunter Substanzmissbrauch, Verkehrsunfälle, Kriminalität, Störungen des Sozialverhaltens, Depressionen und weitere Komorbiditäten. Dies legt nahe, dass ADHS mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko einhergeht.

Eine groß angelegte Längsschnittstudie, welche 2015 publiziert wurde, widmete sich der Frage, ob und wann ADHS mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden ist und hatte zum Ergebnis, dass ADHS-Betroffene ein um das Doppelte erhöhtes Sterblichkeitsrisiko aufweisen.[1] Faktoren, welche das Mortalitätsrisiko bedeutend erhöhen, sind dabei zusätzliche Komorbiditäten. Auch das Suizidrisiko ist erhöht.[2]

Mortalitätsrisiko bei ADHS

In einer groß angelegten Follow-Up-Studie der dänischen Forscher Dalsgaard, Østergaard und Kollegen[3] wurden im Jahr 2015 die Mortality Rate Ratios (MRR) von 1,92 Millionen Invididuen (geboren zwischen Januar 1981 und Dezember 2011) über einen Zeitraum von 32 Jahren ermittelt, unter denen sich 32.061 ADHS-Betroffene befanden. Die Personen wurden von ihrem 1. Geburtstag an bis zum Jahr 2013 nachverfolgt, wobei die MRR für das Kalenderjahr, das Alter, das Geschlecht, eine Familiengeschichte von psychiatrischen Erkrankungen, das maternale und paternale Alter, den Bildungsstand sowie den Beschäftigungsstatus der Eltern adjustiert wurde. Schließlich wurden die Ergebnisse zwischen Individuen mit und ohne ADHS-Diagnose verglichen, wobei ADHS mit einer deutlich erhöhten Mortalitätsrate assoziiert war (5,85 bei Individuen mit ADHS vs. 2,21 bei solchen ohne ADHS). Das bedeutet, dass von 10.000 Menschen pro Jahr 2,21 Personen ohne ADHS, und 5,85 Personen mit ADHS starben. Bei Personen, bei denen ADHS im Erwachsenenalter diagnostiziert wurde, fanden sich höhere MRR als bei jenen, welche die Diagnose als Kinder oder Jugendliche erhielten (MRR jeweils 4,25 vs. 1,86 vs. 1,58).

Als signifikante Risikofaktoren zeigten sich insbesondere:

Auch nach Adjustierung für diese Komorbiditäten blieb die deutliche Assoziation zwischen ADHS und einer erhöhten Mortalität bestehen, bei einem gemessenen MRR-Wert von 1,50, wobei Unfälle (insbesondere in Folge riskanten bzw. impulsiven Handelns) die häufigste Todesursache waren.

Darüber hinaus zeigte sich eine erhöhte Mortalität bei Mädchen und Frauen (2,85; 1,56–4,71) gegenüber Jungen und Männern (1,27; 0,89–1,76). Die Forscher stellen die Vermutung an, dass die erhöhte Sterblichkeitsrate bei Frauen mit ADHS mit der angenommenen Unterdiagnostik von weiblichen ADHS-Betroffenen verbunden ist - während ADHS bei Jungen und Männern häufiger erkannt und damit behandelt werden könne, bleibe die Störung bei Mädchen und Frauen signifikant häufiger unentdeckt und somit unbehandelt.

Prävention

Von den vorliegenden Untersuchungsdaten leitet sich ab, dass das erhöhte Risiko ADHS-Betroffener, eines unnatürlichen Todes zu sterben, mit einer ausgeprägten Symptomatik korreliert, wobei vor allem die Impulsivität im Sinne riskanten Verhaltens eine maßgebliche Rolle zu spielen scheint. Im Vordergrund der Präventionsmaßnahmen steht daher die symptomatische Therapie mit dem Ziel einer Reduktion des Risikoverhaltens. Ein bedeutender Stellenwert kommt darüber hinaus der Patientenaufklärung zu: Dem Patienten soll im professionellen Rahmen bewusst gemacht werden, dass ADHS mit einem erhöhten Unfall- bzw. Mortalitätsrisiko einhergeht. Ferner sollten die jeweiligen, optimaler Weise individuellen Risikofaktoren (impulsives, riskantes Verhalten, Sensation Seeking, mangelnde Aufmerksamkeit in High-Risk-Situationen) im Therapiesetting benannt, reflektiert und bewertet werden.

Da das Unfall- und Mortalitätsrisiko mit dem Schweregrad der Erkrankung korreliert, kann bei Hochrisiko-Betroffenen mit schwerer Symptomausprägung und schwerer Komorbidität eine medikamentöse Therapieergänzung sinnvoll sein. Sowohl für Psychostimulanzien, als auch für Cannabis-haltige Präparate konnten für ADHS-Patienten positive Auswirkungen auf fahreignungsrelevante Leistungen nachgewiesen werden,[4] weshalb unter Medikation mit einer Unfallrisiko-Reduktion bei Teilnahme am Straßenverkehr gerechnet werden kann.

Sonstiges

  • Eine britische Studie des Jahres 2009[5] untersuchte einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Stimulanzien sowie Atomoxetin und plötzlichem Tod bei ADHS-Patienten, wobei keine Risikoerhöhung eines plötzlich eintretenden Todes festgestellt wurde. Dem gegenüber steht jedoch ein erhöhtes Suizidrisiko (1:1000 bis 1:100[6] bzw. 1:200[7])
  • Eine schwedische Untersuchung des Jahres 2014 mit 260.000 Individuen, darunter 52.000 Personen mit ADHS-Diagnose, zeigte ein deutlich erhöhtes Suizidrisiko unter ADHS-Betroffenen auch nach Adjustierung für Komorbiditäten auf. Darüber hinaus war das Suizidrisiko naher Verwandter ebenfalls signifikant erhöht.[8]

Studien und wissenschaftliche Publikationen

Weblinks

Siehe auch

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Einzelnachweise